Mascha

Ich bin Mascha, eine Frau, Mutter von zwei Kindern und nicht pädophil. Was bewegt mich dazu, mich seit ca. 2013 zum Thema Pädophilie zu engagieren?

Wie viele Menschen habe ich als Kind selbst Ausgrenzung erlebt. Diese Erfahrung ist mir bis heute ein Motor geblieben und ein Schlüssel zum Verständnis von Diskriminierungsprozessen. Beruflich arbeite ich heute als Trainerin und Organisationsentwicklerin im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit.

Über Pädophilie wusste ich so gut wie nichts, bis ein junger Mensch in mein Privatleben trat, von dem ich einige Zeit später erfuhr, dass es mehrere Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs gegen ihn gab. Ich habe, so sehe ich es heute, erlebt, was "Grooming" bedeutet und was kognitive Verzerrungen sind. Ich habe aber auch erlebt, wie die Stigmatisierung der Neigung und ein Outing einen Menschen beinahe zerstören können und wie ein Teufelskreis startet, der schwer zu durchbrechen ist. Ich habe mir Hilfe gesucht, bei Beratungsstellen, in Form von Literatur – aber auch bei Schicksal und Herausforderung indem ich anfing mit Max und NewMan zu schreiben. Das Kennenlernen der beiden und später anderer pädophiler Menschen, die ihre Neigung reflektieren und die den Schutz von Kindern über ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse stellen, hat mich sehr beeindruckt und tut es bis heute.

Ich habe sehr, sehr viel Neues gelernt. Und ich begann mich zu fragen, wie es im 21. Jahrhundert sein kann, dass in Deutschland eine Minderheit so starker Stigmatisierung ausgesetzt ist, dass ihr, so eine Studie von 2014, mehr als ein Viertel der Befragten den Tod wünscht und nur 4% sich vorstellen könnten mit „so jemand“ befreundet zu sein. Und warum ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe, obwohl ich genau in diesem Feld von Stigma- und Diskriminierungsthemen arbeite und mit offenen Augen durch die Welt gehe.

Drei Dinge entwickelten sich dann parallel:

Zum einen startete ich erste Versuche, das Thema Pädophilie in meine Seminare mit hineinzunehmen. Das Konzept dafür entwickelte ich gemeinsam mit Max und nach und nach beteiligten sich immer mehr Leute. Wir haben sehr positive Erfahrungen dabei gemacht. Dazu schreiben wir an anderer Stelle noch mehr.

Zum anderen startete das Forum Gemeinsam statt allein und bot mir die Möglichkeit eines viel größeren Einblickes in die Verschiedenheit pädophiler Menschen und ihrer individuellen Lebenslagen. Viele Menschen habe ich auch im „real life“ kennenlernen können und es sind diese persönlichen Begegnungen, die für mich bis heute die größte Motivation für meine Arbeit im Rahmen von SuH darstellen.

Und zum dritten befassten sich immer mehr anspruchsvolle Medien, von arte bis Deutschlandfunk, mit der Thematik und fragten bei SuH/GSA um Interviews an. Diese Beiträge, an denen ich mich teils beteiligte, konnten deutlich mehr Menschen erreichen, als intensive, aber kleine Bildungsformate. Sie machten und machen Hoffnung, dass sich mit der Zeit wirklich etwas an den Einstellungen in der Gesellschaft verändern kann.

Es folgte eine Phase, in der ich mich intensiver mit der Geschichte pädosexueller Bewegung(en) und Kinderschutzthemen auseinandersetzte. Ich habe viel auch in anderen Foren gelesen, auch einige Menschen von dort kennengelernt. Mir wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten bewusster und es ist mir umso wichtiger geworden, dass sich SuH und die im Laufe der Zeit daraus entstandenen anderen Projekte nicht von Menschen vereinnahmen lassen, die ihr Verhältnis zu Kindern weniger realistisch reflektieren.

Eine letzte Sache möchte ich erwähnen, die momentan noch im Wachsen ist: Durch GSA bekam ich einen tieferen Einblick in das, was die Medizin „Komorbiditäten“ nennt. Stigmatisierung macht viele Menschen krank! Einige pädophile Menschen haben auch schon als Kind Schweres erlebt, von Bindungstraumata bis zu sexualisierter Gewalt. In mir wuchs der Wunsch, hier mehr zu erfahren und hilfreicher kommunizieren zu können. Zur Zeit mache ich eine Ausbildung an einem Institut für Systemische Beratung und Therapie. Dieser Ansatz betont Ressourcen, Wertschätzung und Autonomie. Ich gehe in der Ausbildung offen mit meinem Engagement für SuH um und sammle wesentliche Praxis indem ich auch jetzt schon einige Personen (pädophile Menschen ebenso wie Angehörige) gemeinsam mit Kolleginnen aus meiner Ausbildung mit regelmäßigen Gesprächen begleite. Das kann ich (momentan) nur in sehr eingeschränktem Ausmaß. Anfragen können aber gerne gestellt werden unter mascha@suh-ev.de