Ein Film der uns bewegt hat

No Dogs Allowed

In diesem Artikel möchten wir gern unsere Gedanken zu NO DOGS ALLOWED teilen und zeigen, wie klein der Kontrast zur Wirklichkeit ist und wie groß das Potenzial in Filmen liegt, die sich trauen, mit einem Bild zu brechen, welches schon so oft gezeichnet wurde. Als Zuschauer, die die Wichtigkeit von Selbsthilfe kennen, Missbrauch von Kindern verurteilen und sich für eine Gesellschaft einsetzen, in der sich nicht mehr die Frage stellt, wie man mit der pädophilen Sexualpräferenz umgeht, sondern wie eine Akzeptanz geschaffen werden kann, von der alle profitieren, möchten wir gern einen Einblick in die Not von jungen Menschen geben, die heute auf eine Zeit zurückblicken, in der sie sich nicht akzeptieren konnten und hilflos gewesen sind. Diese Akzeptanz hat nichts mit einer "Normalisierung der Pädophilie" zu tun, sondern mit der Möglichkeit, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen, Jugendliche vor großen psychischen Krisen, gar dem Suizid zu bewahren und als Teil in der Gesellschaft leben zu können, ohne für ihre Gefühle gehasst und verachtet zu werden. Zu unseren Gedanken ist dieser Artikel mit persönlichen Texten versehen, um hier eine Verzweiflung zu zeigen, die vielen Menschen unbekannt ist und durch diesen Film nun bekannter wird. Außerdem gebe ich einen Einblick in die Gefühle von Menschen mit einer Missbrauchsvergangenheit. Zu dem nachfolgenden Artikel von Markus hat David, ein ehemaliger Aktivist von WSAM, früherer Autor von SuH und Nutzer des GSA-Forums der im Rahmen der Recherche ebenfalls interviewt wurde, eine sehr ausführliche Kritik zu dem Film geschrieben, die wir hier dem Artikel nachfolgend veröffentlichen.

Markus

Ein Film, der in der Lage ist, eine Empathie und Not zu transportieren, den meiner Meinung nach noch kein Film zu dieser Thematik jemals geschafft hat. Das war mein Gedanke in einer Szene, die mich besonders zu Tränen rührte. Die Szenerie war gefüllt mit einer Not, in die Gabo gekommen ist, obwohl er eigentlich nur jemanden zum Reden haben wollte, diese Not war ehrlich, weil sie durch seine Gefühle und einer Einsamkeit entstanden ist, die auch ich als pädophiler Jugendlicher und viele andere in dieser Zeit sehr gut kennen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen des MSC-Chats wissen das nur zu gut. Dieser Film zeigt aus meiner Sicht in der Summe mehr als ein reines Statement für die Prävention.

Den ehemaligen Moderator PrivateYankee des Projekts, Virtuous Pedophiles habe ich nach seinen Gefühlen als Teenager gefragt.

PY, danke, dass du dir die Zeit nimmst. In diesem Film wird die Tragik eines Jungen gezeigt, der sich seiner Pädophilie bewusst wird. Wie hast du dich gefühlt, als du gespürt hast, dass du pädophil bist?

PY Ich entdeckte meine Anziehungskraft auf Jungen im Alter von 5 bis 12 Jahren zum ersten Mal, als ich 13 war und gerade in die Pubertät kam. Zuerst dachte ich mir nicht viel dabei, da der Altersunterschied nicht so groß war, aber als ich älter wurde und meine Anziehungskraft nicht mit mir alterte, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Ich war noch jung genug, dass es mich nicht allzu sehr beunruhigte, aber als ich 16 war, entdeckte ich einen Artikel über ein VirPed-Mitglied, und da traf es mich mit voller Wucht. Das ist es, was ich war: ein Pädophiler. Ich war entsetzt, viele Fragen gingen mir durch den Kopf. Würde ich zu einem Monster heranwachsen? Würde ich für den Rest meines Lebens mit diesen Gefühlen zurechtkommen müssen? Würde ich jemals in der Lage sein, eine normale sexuelle Beziehung zu erleben, oder wäre ich dazu verdammt, nur in diejenigen zu verknallen, die nicht einwilligen können? Ich fühlte mich von meinen Freunden, meiner Familie und der Gesellschaft isoliert und hatte viele Albträume darüber, wie sie reagieren würden, wenn sie die Wahrheit wüssten. Schließlich fasste ich den Mut, mich selbst bei VirPed anzumelden, in der Hoffnung, dass das Gespräch mit Menschen, die verstehen, was ich durchmache, mir helfen würde. Und ja, VirPed hat mir wirklich geholfen. Der Austausch mit anderen nicht straffälligen, Anti-C Pädophilen nahm mir eine enorme Last von den Schultern, ich fühlte mich nicht mehr isoliert, und ich lernte, dass es viele andere gibt, die sich genauso fühlen, aber keine Monster sind. Durch die Gemeinschaft habe ich gelernt, mich selbst zu akzeptieren, und ich bin jetzt in einer besseren psychischen Verfassung als mit 16 Jahren. Wenn du ein Teenager bist, der das zum ersten Mal erfährt, lass mich dir Folgendes sagen: Ich weiß, dass es beängstigend ist, ich weiß, dass du wahrscheinlich eine starke Angst hast. Ich möchte, dass du weißt, dass du keine Schuld an deinen Gefühlen trägst, und dass diese Gefühle dich nicht automatisch zu einer Gefahr für Kinder machen. Du kannst ein glückliches Leben führen, ohne Kindern zu schaden, und wenn du dich allein fühlst, möchte ich dich ermutigen, dich an Orten wie VirPed oder MSC zu beteiligen, wo du mit Menschen sprechen kannst, die wissen, was du durchmachst.

Vielen Dank, PY für deine Antwort. Der MSC-Chat aber auch Virped sind hilfreiche Projekte. Aber was tun Jugendliche, wenn die Hemmschwelle, die Angst zu groß ist? Ich denke, dass sich viele nicht trauen, dabei besteht die Prävention sexueller Gewalt zu einem großen Teil auch in der Entstigmatisierung der Pädophilie. In den vielen Szenen der Trauer und Verzweiflung sieht man als Zuschauer, wie Gabo etwas entglitten ist, welches er von Beginn an nicht überblicken konnte. Als er versuchte, ein Präventionsnetzwerk anzurufen, legte er nach einiger Zeit wieder auf. Als ich diese Szene gesehen habe, musste ich an Nutzer:innen aus unserem Forum denken, die erst durch die Teilnahme an unserem Forum den Mut schöpften, ein Gespräch bei Kein Täter werden in Anspruch zu nehmen. Und umgekehrt ist es oft so gewesen, dass Nutzer:innen über unsere Flyer den Weg zu SuH gefunden haben. Flyer, die in Warteräumen von KTW-Standorten liegen und Menschen zu uns geführt haben. Ich war kein Teilnehmer in einem Präventionsprojekt und habe SuH durch eine Google-Recherche gefunden. Ich erinnere mich daran, dass mich das viel Überwindung gekostet hat, weil ich bereits Angst vor dem Wort hatte. Ich hätte mich sicherer gefühlt, wenn ich in meiner Kindheit und Jugend nicht immer wieder gespürt hätte, wie tabuisiert und verteufelt dieses Thema ist.

Ein gesellschaftlicher Diskurs, der sich den Fragen annimmt, wie man seinem Sohn oder seiner Tochter helfen kann, wenn sich das Kind den Eltern anvertraut und über seine Gefühle zu Kindern spricht. Einen Diskurs, der weniger etikettiert, sondern Ressourcen mobilisiert, unterstützt und nicht verurteilt, wünsche ich mir. Dieser Film zeigt eindrücklich, welche Gefahr darin besteht, wenn ein Jugendlicher aus einer Not heraus in dieser Stigmatisierung der Pädophilie in dieser Gesellschaft, an einen Missbrauchstäter gerät, der ihm eine Selbstakzeptanz vermittelt, die ihm in einem geschützten Raum ein Selbsthilfeprojekt vielleicht ebenfalls vermittelt hätte, ohne die Manipulation des Täters, ohne die sexuellen Übergriffe, die er im Film als eine Art "Gegenleistung" ansah, die er nicht will und das äußert aber dennoch dem einzigen Menschen gegenüber "erbringt", mit dem er ganz offen sein kann und für dessen weiteren Bestand er ein Gefühl der Verantwortung auf seinen Schultern trägt, unter die er zusammen mit seinen Gefühlen der Überforderung zu zerbrechen droht.

Diese Tragik zeigt sehr deutlich, in welcher Not junge Menschen wie Gabo geraten können und das auch nicht nur ausschließlich im Kontext sexueller Grenzverletzungen. Auch hier ist die enorme Stigmatisierung eine große Last, die schlimmstenfalls die Familie nicht tragen kann. Ich habe in der Selbsthilfe und Beratung von vielen schlechten Erfahrungen gehört. Davon, dass jemand nach seinem Outing fast seine ganze Familie verloren hat, oder wie in meinem Fall, zwar akzeptiert wird, aber diese Wahrheit noch immer nicht thematisiert und ausgeblendet wird. In solchen Fällen sind es seltene, verletzende Andeutungen und viel häufiger Blicke, in denen die ungesagte Enttäuschung so schwer im Raum liegt, dass man kaum atmen kann. Sicherlich können sich die meisten vorstellen, wie entscheidend die Möglichkeit ist, mit jemanden reden zu können. Als internationaler Aktivist von Schicksal und Herausforderung e. V. bin ich in Kontakt mit anderen gleichgesinnten Projekten, die Selbsthilfe anbieten, an Medienprojekten mitarbeiten und zu der Thematik aufklären. Gabo hat die Möglichkeit, mit jemandem über seine Gefühle des Verliebtseins zu sprechen, über seine Unsicherheiten und gleichzeitig wird er manipuliert und sein ausgesprochenes Nein, verblasst und geht unter. Hier ist den Filmemachern gelungen, eine toxische Dynamik in einem kurzen Moment glasklar zu präsentieren, die man auch auf zehn A4-Seiten hätte erläutern könnte.

TerminallyUnique, du bist Guide im MSC-Chat und kennst die Situation, in der insbesondere junge Pädophile sind. Wie wichtig ist deiner Meinung nach der Peer-Support?

TerminallyUnique Ich bin erst Anfang 30 zu MSC gekommen, aber ich wünschte, es hätte eine solche Plattform schon gegeben, als ich noch ein Teenager war. Mit 16 wusste ich unbewusst, dass ich mich zu Jungen hingezogen fühle, was eigentlich etwas spät ist. Ich habe mich in der Highschool meinem damals besten Freund gegenüber geoutet, und ohne zu sehr ins Detail zu gehen, war das keine gute Erfahrung. Ich hätte es vorgezogen, meinen Frieden mit meiner Sexualpräferenz in einem sichereren Umfeld wie dem MSC zu finden, das keinerlei Beleidigung und Herabsetzung duldet. Ich hätte mir Verleugnung und Verwirrung ersparen können, die mich mehr als ein Jahrzehnt lang geplagt haben.

Vielen Dank, TerminallyUnique! Deine Antwort zeigt deutlich, dass dieser sichere Rahmen des MSC-Chats etwas ist, was sich viele in ihrer Zeit als Teenager gewünscht hätten. Aber auch die Verfügbarkeit therapeutischer Angebote und eine Bereitschaft, zuzuhören, ist von entscheidender Bedeutung. Zuhören auch dann, wenn derjenige sich nicht traut, weil er sich vielleicht ganz anders fühlt als er "sollte"? In Bezug auf eine Missbrauchsvergangenheit gibt es keine falschen Gefühle! Als Überlebender sexueller Gewalt möchte ich deshalb von einer Tatsache berichten, die viele Menschen nicht nachvollziehen können. Die Tabuisierung der Täter:innen kann einen Druck erzeugen. Denn wer nicht gleichermaßen "mit hasst" ist dann für viele Menschen automatisch auf deren Seite. Dieser Umstand ist sehr bedenklich. Die toxischen Verbindungen, die Überlebende sexueller Gewalt in manchen Fällen zu "ihren" Täter:innen haben, können von sehr ambivalenten Gefühlen begleitet sein. Neben Wut und Traurigkeit, kann jemand auch Schuldgefühle, ein falsches Verantwortungsgefühl oder Gefühle einer positiven Erinnerung wahrnehmen. Verbindungen zu Missbrauchstätern haben oft einen Beziehungscharakter, da eine Täterideologie auf nichts anderes aufbaut, als ein Vertrauen, eine Freundschaft herzustellen, eine Verbindung einzugehen, die einseitig, nicht informiert einvernehmlich, von einem Machtgefälle begleitet und somit schädlich ist. Im Film sieht man deutlich, dass Gabo Nein sagt, aber dieses Nein nicht durchsetzen kann. Wie auch? Er sehnt sich nach jemandem, mit dem er reden kann und kann sich aufgrund des Machtgefälles nicht durchsetzen. Auf diesen Umstand hinzuweisen, war mir wichtig. Hier kann man als Elternteil, Angehöriger aber auch als Therapeut viel erreichen, wenn man demjenigen nicht das Gefühl vermittelt, dass man bestimmte Emotionen erwartet oder sich so oder so "fühlen muss". Hier ist meiner Erfahrung nach eine Akzeptanz ganz entscheidend, die den Weg der weiteren Verarbeitung ebnen kann. Ich schreibe bewusst von "Überlebenden", da es für viele ganz entscheidend ist, sich selbst nicht, als Opfer zu betrachten. Die Kontrolle über sein eigenes Leben zu spüren, seine eigenen Grenzen wahrzunehmen und dafür einzutreten. Diese Selbstwirksamkeit und Loslösung beginnt wie die Gleichstellung bereits in der Sprache.

Mir war es wichtig auch den Nutzer zu fragen, auf dessen Geschichte dieser Film basiert.

Dieser Film hat mich wirklich sehr bewegt. Wie hast du den Film empfunden? Mir hat der Film sehr gut gefallen. Ich hoffe, er kann den einen oder anderen zum Nachdenken bringen und dass es wichtig ist, gerade jungen Menschen, die diese Neigung haben, professionelle Hilfe anzubieten.

Das wünschen wir uns ebenfalls. Diese unterschiedlichen Stimmungen, Ängste aber auch Hoffnungen hat dieser Film hervorragend transportiert. An dieser Stelle möchte ich mich gern bei dir und den Produzenten des Films bedanken. Ich wünsche mir, dass dieser Film einige Zuschauer:innen zum Nachdenken bewegt und dass du durch die Ausstrahlung des Films, zu dem deine eigene Geschichte beigetragen hat, eine Art Abschluss finden kannst. Es war sehr mutig von dir, dich zu öffnen, und ich kann mir vorstellen, dass dieser Prozess nicht einfach für dich gewesen ist.

Vielen Dank auch an PY und TerminallyUnique für eure Antworten.

David (Nutzer des GSA-Forums und ehemaliger Aktivist von WSAM

Filmkritik - NO DOGS ALLOWED

Vor einigen Jahren geriet ich in Kontakt mit einem Fremden. Wenn man pädophil ist, ist man grundsätzlich immer vorsichtig. Zu groß die Gefahr, alles zu verlieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass einige Journalisten, Ermittler aber auch Menschen, die Selbstjustiz verüben, nichts Gutes im Sinn haben. Deshalb war auch ich zunächst vorsichtig, als dieser Fremde auftauchte und mir einige Fragen stellte. Stephan Kämpf stellte er sich vor. Die freundliche Stimme plätscherte aus dem Telefonhörer. Ich versuchte, das Gespräch zu halten, während ich nebenbei hektisch seinen Namen googelte - und die Eckdaten überprüfte, die er mir nannte. Ich entschied zu vertrauen, bestand jedoch auf reinen telefonischen Kontakt, abgewickelt über eine Software, die dafür sorgte, dass der Anruf nicht zurückverfolgt werden kann. Man ist grundsätzlich immer vorsichtig. Zu groß die Gefahr, alles zu verlieren. In der folgenden Zeit führte ich einige lange Gespräche mit Kämpf, einem frischgebackenen Drehbuchautor und seinem Kollegen Steve Bache, Regisseur. Sie recherchierten für ein Spielfilmprojekt, wollten einen Film über einen pädophilen Menschen drehen und alles anders machen, als es je gemacht wurde. Eine schöne Idee, fand ich, der ich gerade mein Review zum Film Kopfplatzen geschrieben hatte und noch voller Frust über die Falschdarstellungen war. „Kopfplatzen ist ein Film gegen uns, auf unsere Kosten“, sagte ich den beiden noch am Telefon. Vor allem hatten sich im Falle von Kopfplatzen alle Beteiligten geweigert, mit Betroffenen zu sprechen. Max Riemelt, der Hauptdarsteller, hatte in einem Interview gar angegeben, dass er für die Vorbereitung auf seine Rolle nicht einmal bereit gewesen war, Texte von Betroffenen auch nur zu lesen. Ich war also on Board für die Idee eines Films, der das alles ändern wollte. Fast Forward. Einige Jahre später. Letzte Woche erschien NO DOGS ALLOWED von Steve Bache (Regie) und Stephan Kämpf (Drehbuch).

Inhalt

Der fünfzehnjährige Gabo hat alles probiert. Er hatte eine Freundin, dann einen Freund. Aber die Gefühle blieben aus. Denn Gabo ist in den achtjährigen Bruder seines besten Freundes verliebt. Reden kann er darüber nur mit einem anderen Betroffenen, dem deutlich älteren David Luchner, den er online kennenlernt. Doch Luchner hat ganz andere Absichten, als mit Gabo über dessen Liebeskummer zu reden. Es kommt zum Missbrauch und zur Anzeige des Mannes. Gabos Aussage ist auf einmal das Zünglein an der Waage. Er muss sich entscheiden, ob er gegen Luchner aussagt und sich damit selbst outet, oder ob er Luchner davonkommen lässt, um sein eigenes Geheimnis zu schützen. Steve Bache und Stephan Kämpf sprachen für die Recherche neben mir noch mit vielen anderen Betroffenen. Auch mit einem anonymen Forenmitglied, woraufhin sie sich entschieden, dessen Geschichte in NO DOGS ALLOWED zu erzählen.

Die Erfahrung

So musste ich tatsächlich erst einmal durchatmen, als nach Jahren endlich das Logo von Schiwago Films auf meinem Fernsehbildschirm schillerte - und der orangene Play-Button der ZDF-Mediathek auf meine Eingabe wartete. Zuvor hatte mich das ZDF durch einen kleinen Marathon gejagt. Meine Mail musste ich hinterlegen, um den Film sehen zu können, ein Konto beim ZDF anlegen - und zu guter Letzt auch noch meinen Ausweis scannen. Ich musste ein wenig lachen. „Na, ihr wollt wirklich, dass keiner den Film zu Gesicht bekommt - und wenn doch, wollt ihr ganz genau wissen, wer es ist, was?“, dachte ich mir scherzhaft. NO DOGS ALLOWED öffnet mit einem Chatfenster. Dies erlaubt uns, dem Zuschauer, sofort in die Handlung einzusteigen. Eine klassische Szene, die in Filmen zum Thema häufig genutzt wird, um Ekel hervorzurufen. Schon hier geht NDA einen anderen Weg und nutzt die Szene zur Etablierung des Grundkonflikts. Es folgt ein Wechsel zwischen fröhlichen Szenen bei Sonnenschein, Freundschaft, Familie, Alltag; und Nachtszenen im blauen Bildschirmlicht. Gabo schreibt heimlich in Chats über seine Pädophilie, wenn alle anderen schlafen. Das Stigma ist so gewaltig, dass es häufig unmöglich ist, sich zu outen. Ein Kollidieren der pädophilen Identität mit dem anderen Leben, dem Bild, das das Umfeld von einem hat, führt oft zur Katastrophe. NDA zeigt diesen Umstand mit viel Sensibilität. Die sorgfältige Recherche merkt man dem Film deutlich an. Gabo wird nicht als potentieller Triebtäter hingestellt. Er ist keine geplagte Seele, tatsächlich wird er für seine fünfzehn Jahre sehr stark und resilient gezeichnet. Er ist schon gar keine tickende Zeitbombe. Er weiß aber, dass er so gesehen würde, würde sein Geheimnis bekannt werden. Gabo sucht nichts sehnlicher, als jemanden zum Reden. Jemand, der ihn versteht, weil er die gleiche sexuelle Orientierung hat. Gabo steht somit stellvertretend für die tatsächlichen Sorgen und Nöte jugendlicher Pädophiler. Ein absolutes Novum, hat doch der einzige Film, der bisher einen jugendlichen pädophilen Charakter gezeigt hat, Guter Junge (2008), das jugendliche Leben zwischen Liebeskummer und Stigma scheinbar nicht einmal erkannt, und sich stattdessen ausschließlich auf die Gefahr eines sexuellen Missbrauchs konzentriert. Ein Klischee, das immer wieder aufgegriffen wird. Pädophile sind jedoch Menschen wie jeder andere auch. Menschen, die in der Regel einen funktionierenden Moralkompass und eine Impulskontrolle haben. Ausnahmen bestätigen die Regel.

NO DOGS ALLOWED erzählt somit eine absolut unverbrauchte und wichtige Geschichte. Auch ich stieß beim Austausch mit anderen Betroffenen auf Leute vom Schlag eines David Luchner. Ein Tabu innerhalb des Tabus. Ein Thema, über das ich persönlich gar nicht so gern rede, weil man gerade als Jugendlicher, auch nachdem man aus der Manipulationsspirale ausgebrochen ist und keinen Kontakt mehr hat, noch ab und an denken kann: „Alter, was unterscheidet mich jetzt von diesem Typen? Wir sind beide pädophil.“ Gabo hat hier eine Antwort für uns. Er bleibt bei sich. Er schaut in sich hinein. Er weiß, dass er nicht gefährdet ist; dass ihn eine ganze Menge von Luchner unterscheidet. Eine absolut überraschende Perspektive aus Sicht der Gesellschaft, wenn man beachtet, dass kein Film sie je erzählt hat. Als Betroffener ist man einfach nur dankbar, dass es endlich mal einer begriffen hat.

Und wie ist er denn nun?

Kurzum: NO DOGS ALLOWED ist mit Abstand der beste Film zum Thema Pädophilie, den ich jemals sehen durfte - und ich habe alle Filme zum Thema gesehen, die problemlos öffentlich verfügbar sind. Das sage ich, obwohl NDA eine Tätergeschichte erzählt. Vor vielen Jahren, in einem fernen Sommer, saß ich im Auto im Wald mit dem Handy am Ohr (weil ich mir dachte: Wenn das jetzt doch ein paar übermotivierte Selbstjustizler sind, die es irgendwie trotz Schutz schaffen, mein Handy zu hacken, rasen die zu einem Funkmast im Wald und ich bin längst weg :P). Am anderen Ende der Leitung saßen Stephan Kämpf und Steve Bache. Wir lachten, scherzten. Die beiden waren unfassbar nett, haben ehrlich und offen zugehört. So wurde das Gespräch schnell locker. Und ich sagte: „Ich denke, ich hab einfach mal Bock auf nen Film, der keine Tätergeschichte erzählt. Einfach mal so der Alltag eines Pädophilen. Ist doch auch spannend genug. Ey, Leute, Pädo zu sein ist echt nicht langweilig.“ Wir lachten. Die beiden stimmten mir zu. Genau so einen Film wollten sie drehen. Die Jahre zogen ins Land. Das Drehbuch war geschrieben, die Dreharbeiten hatten begonnen. Stephan Kämpf meldete sich noch einmal bei mir und dankte mir für meinen Input. So erfuhr ich zum ersten Mal vom Plot des Films. Ich war überrascht.

Ich war ein bisschen egoistisch, oder? Wie gesagt, ich habe alle Filme zum Thema gesehen. Da kann man schon bald durchdrehen, weil sie allesamt Geschichten von Tätern oder werdenden Tätern erzählen - oder ihre Story so verkaufen. Ich fand einfach, es war an der Zeit, endlich mal was Realistisches zu machen. Etwas, womit Betroffene sich tatsächlich identifizieren können. Nicht eine der unzähligen abgedroschenen Geschichten über eine geplagte Seele, die sich alle zehn Minuten auf öffentlich Toiletten erleichtern muss, um kein Kind anzuspringen. DAMIT kann ich mich nämlich nicht identifizieren. Surprise Surprise! ;-) Zugegeben, ich war echt vor den Kopf gestoßen. Ich hab gedacht, das war’s dann mit dem guten Filmprojekt. Aber ich konnte natürlich auch ein wenig runterfahren, hab mir meine Gedanken gemacht - und nun habe ich den Film endlich gesehen. Und ich muss sagen: Diese Geschichte (basiert auf einer wahren Begebenheit) musste erzählt werden. Sie ist wichtig und absolut unverbraucht. Im Fokus auf meinen eigenen Alltag habe ich glatt vergessen, dass ich vor Jahren auch einmal von einem deutlich älteren „Mentor“ unter seine Fittiche genommen wurde. NO DOGS ALLOWED schafft den Kunstgriff, den Alltag eines jungen Anti-Cs zu erzählen UND mit David Luchner eine klassische Pro-C- Geschichte einzuweben. Er verbindet die Vergangenheit, in der ausschließlich die Pro-C's den Diskurs bestimmt haben, mit der Zukunft, die wir uns wünschen. Eine Community, in der wir füreinander da sind. In der Menschen wie Gabo eine Perspektive bekommen. Und erzählt dabei nebenbei noch eine Geschichte, die einige Menschen in unserer Community so oder so ähnlich selbst erlebt haben dürften.

Also der perfekte Film?

Nein. An dieser Stelle kommen wir zu meiner größten Kritik. NO DOGS ALLOWED baut eine gewisse notwendige Narrative auf. Es handelt sich trotz allem um einen Spielfilm, der wie üblich an seine Laufzeit gebunden ist. Wenn man eine Geschichte erzählt, dann steht dahinter immer die reale Welt, die deutlich komplexer ist. Verzerrungen passieren, da die Realität in eine Plotstruktur gebogen werden muss. Die Kunst besteht darin, diese Verzerrungen so klein wie möglich zu halten. Die Linse zu fokussieren, wenn man so will. Das ist ein ständiges Ausloten. Natürlich werden Bache und Kämpf auch andere Perspektiven gehört haben, als unsere bei SuH, WSAM und co. Da gibt es dann viel zu berücksichtigen. Zusätzlich sitzen einem bekanntermaßen auch einige Leute im Nacken, bei so einem Filmprojekt, vielleicht gar die Filmförderung, etwas woran z.B. bei Kopfplatzen offenbar viel gescheitert ist, weshalb der Film 14 Jahre in der Mache war. Etwas, das Bache und Kämpf sicher vermeiden wollten. Dennoch hat es mich überrascht, dass der Peer-Support im Film so überaus schlecht wegkommt. NO DOGS ALLOWED zeichnet einen einzigen Fall von Peer-Support. Nämlich den des Kontakts zwischen Gabo und David Luchner, der letztendlich darin endet, dass Gabo Leid geschieht. Die unaufgeklärte Bevölkerung könnte und wird denken, dass der Austausch zwischen Betroffenen eine schlechte Idee ist. Ein Gedanke, der schon zuvor herrschte und ein großer Teil des Stigmas ist. Immer wieder erhielt ich in meiner Zeit bei SuH und WSAM Hassnachrichten, die in diese Richtung gingen.

„MIR FÄLLT KEIN GRUND EIN, WARUM IHR EUCH TREFFEN UND MITEINANDER REDEN DÜRFEN SOLLTET. AUF SOWAS SOLLTE KNAST STEHEN. MIT ÄRZTEN SOLLT IHR REDEN, SONST NICHTS!“

NO DOGS ALLOWED tappt hier leider in dieselbe Falle, wie alle anderen Filme zuvor. Die Behörden retten am Ende den Tag. KTW oder die Polizei als Heilsbringer ist so ein Klischee, das sich heutzutage eingeschlichen hat und in vielen Filmen zu dieser Thematik auftaucht. Bei allem was KTW leistet, muss jedoch auch eine gewisse Kritik erlaubt sein. Nicht jeder hat uneingeschränkt gute Erfahrungen mit Projekten dieser Art gehabt. Es gibt diverse Gründe, warum man auch hier mit einer gesunden Vorsicht vorgehen darf. Zum Beispiel, wenn man keine Probleme hat, nicht zum Täter zu werden und nur mit dem Stigma kämpft, insbesondere dann, wenn man gleichzeitig Kinder in seinem Umfeld hat. Meiner Erfahrung nach kommt nicht jede Therapeutin, nicht jeder Therapeut damit gut klar und ist in der Lage sensibel zu reagieren. Ich hatte hier Glück mit meinem Therapeuten, habe aber auch schon andere Geschichten gehört. Therapeuten sind auch nur Menschen. Bei so einer sensiblen Sache wie Pädophile ist der Grat zur vollständigen Zerstörung einer Existenz sehr schmal. KTW ist nicht die Adresse für alles. KTW ist eine gute Idee, wenn man (getreu dem Namen) wirklich Angst hat, zum Täter zu werden. Ist dies nicht der Fall, ist nicht einmal gesagt, ob einem geholfen werden kann, da die Therapie bei Panikstörungen durch das Stigma nicht Ziel des Projekts ist. Da ist es dann völlig von den individuellen Fachkräften abhängig. Insbesondere das Verständnis der Polizistin am Ende hat mich etwas überrascht. Durch ihre Erfahrungen mit den Schlimmsten der Schlimmen neigt die Polizei dazu, in der Realität übers Ziel hinauszuschießen. Ich selbst habe eine Bekannte, die bei der Kriminalpolizei ist, und was diese Frau an Pädo-Hass ausspeit, geht auf keine Kuhhaut mehr. Da fielen sogar schon so Aussagen wie „Wenn es nach uns gehen würde, würden wir dieses elende Viehzeug präventiv wegsperren und denen jeden Tag zu spüren geben, wie abartig sie sind. Aber die Polizei hat in diesem Land ja keine Rechte.“ Natürlich; die Abneigung der Polizistin in NDA wird mehr als deutlich. Gabo kann noch so oft beteuern, dass er nichts gemacht hat, sie glaubt ihm nicht. Doch als er in etwa sagt „Das sind doch nur Fantasien. Menschen wie ich haben doch sonst nichts anderes“, blitzt auf einmal ein Funken Verständnis in ihren Augen. Das war toll geschrieben. Aber die Narrative dahinter macht mir Bauchschmerzen. In der Realität wäre diese Situation aufgrund der Strafbarkeit dieser Texte wohl ganz anders verlaufen. So mutet am Ende leider das Happy End in der Form etwas unrealistisch an. Auch dass Gabo von der Polizistin angerufen und gebeten wird, ins Präsidium zu kommen, nachdem sein Chat mit Luchner ans Licht kommt, ist so nicht glaubwürdig. Was, wenn er flüchtet? In der Realität hätten hier wohl bei Gabo zu Hause die Handschellen geklickt. Die Sache wäre bei der Staatsanwaltschaft gelandet. Gabos Existenz wäre vernichtet worden. Bei einer Festnahme zu Hause, hätte aber natürlich auch die (übrigens wundervolle) Outingszene auf der Straße vor dem Haus nicht mehr reingepasst. Wie gesagt: Beim Schreiben eines Drehbuchs ist alles ein Ausloten und Stephan Kämpf hat insgesamt eine großartige Leistung vollbracht. Die Gefahr der Behörden, auch für unschuldige Pädophile, hätte man an dieser Stelle auch nochmal wie folgt zeigen können: Die Polizistin (als Einzelperson) hat Empathie für Gabos Situation. Gabo sieht beim Rausgehen durchs Fenster, wie sie heimlich die Daten des Chats vernichtet, um zu verhindern, dass es zu einer Anklage kommt. Ich verstehe jedoch, dass die Polizei beim Film auch beratend tätig war und eine Kollegin, die Beweise vernichtet … hmmmm… ;-) Fest steht, dass es aus meiner Perspektive nicht realistisch ist, dass Gabo auf diese Weise aus der Nummer rauskommt. Trotzdem eine tolle Szene - insbesondere durch Gabos Monolog, als er die vierte Wand durchbricht und uns als Zuschauer direkt ansieht. Das alles ist auch ein Meckern auf ganz hohem Niveau. Bache und Kämpf ist hier ein toller Film gelungen, der mit sensibler Feder und kraftvollen Bildern zu punkten weiß. Hervorheben möchte ich hier so Paukenschläge wie z.B. die Szene im Hotel. Der Fokus auf die Beine von Gabo und Luchner, Ersterer in Kindersocken, die Füße über dem Boden baumelnd, Letzterer stehend. Da habe ich geblinzelt. „Das ist krass“, floss es mir über die Lippen, ganz ähnlich wie Gabos Schwester am Ende. Oder Gabo beim Anruf an Luchner am Fußballplatz. Allein auf dem Parkplatz. Durch einen hohen Zaun vom Fußballspiel, von den Anderen getrennt. Der Film hat viele solcher Momente, wo sich das Hinschauen und Interpretieren lohnt. Für die Punkte, die ich kritisiert habe, habe ich im Endeffekt Verständnis. Wenig Verständnis habe ich jedoch, dass der Peer-Support im Film letztlich negativ behaftet bleibt und eine Referenz an den SuH-Verein fehlt. Dabei hätte dies als der Silberstreif am Horizont am Ende dargestellt werden können. Gabo, der kurioserweise im Wartebereich vor dem Gerichtssaal einen SuH-Flyer findet zum Beispiel. ;-) Dann hätte man doch alle mit drin gehabt. Ich bin mir eigentlich sicher gewesen, das SuH-Logo im Abspann zu sehen. An dieser Stelle hätten Peer-Support Gruppen genannt werden können, da einige in ihrer Freizeit an dem Film beratend tätig gewesen sind.

Mein zweiter Kritikpunkt ist folgender: Nicht-Betroffene scheinen Gabo irgendwie für einen komischen Einzelfall zu halten und Luchner für die Regel. Earl Peterson von Journey Into Cinema schreibt z.B., der Film funktioniere nur, weil Gabo NOCH kein Täter wäre („not yet an abuser“). Die Leute scheinen den Film so zu interpretieren, als zeige er in Gabo einen Pädophilen auf dem Weg zum Täter. Als hätte er irgendwie keine Wahl. Etwas, das im Film in keiner Weise so dargestellt wird, aber der Mensch sieht schließlich nur, was er glaubt und was er sehen will. Die Leute denken, alle Pädophilen seien Täter und sehen diese Denkweise im Film bestätigt. Schade. Ein bisschen mehr Aufklärung in die Richtung hätte dem Film nicht geschadet. Eine Idee: Am Ende ist die Schwester auf Gabos Seite, aber die Mutter sieht in ihm nur den werdenden Täter. Man hätte auch nur eine kurze Debatte in der Küche reinschneiden können, in der die Schwester berichtet, sie hätte sich (z.B. auf SuH :P) informiert (noch besser, sie hat einen Laptop auf dem Schoß und zeigt der Mutter die SuH-Seite). Man hätte die Webseite von KTW, oder das Logo von SuH auf dem Bildschirm sehen können. Die Schwester wäre fortgefahren, selbst die Forschung sei sich sicher, dass es viele Pädophile gibt, die nie zum Täter werden. Die meisten Missbrauchstaten werden von Menschen begangen, die gar nicht pädophil seien. Die Mutter interessiert das alles nicht. Sie sagt, sie will darüber nicht nachdenken. Man sieht aber etwas mit ihren Augen geschehen, während sie dem Blick der Schwester ausweicht. Sie dreht doch den Kopf und liest, was da steht. Gabo geht währenddessen schon nach draußen und lässt die beiden reden. Er ruft noch etwas über die Schulter und grinst in seiner typischen Art und Weise. Seine Schwester schreckt auf, klappt den Laptop zu und räumt schnell ihr Frühstücksgeschirr ab. Sie folgt Gabo nach draußen. Es folgt die Szene auf dem Weg in den Gerichtssaal und der Film endet. Nur eine Idee, solche Frühstücksdebatten finden überall in Deutschland heimlich an den Tischen statt. Es gab sie auch schon im Haus meiner Eltern.

Fazit

Alles in allem ein brillanter Film. In meinen Augen der beste und mit seiner Recherche ambitionierteste Film zum Thema Pädophilie bisher. Er erzählt eine wichtige Geschichte zu einem wichtigen Thema innerhalb der Pädophilie-Debatte. Ein Tabu im Tabu. Er berührt auch Themen, die mit der LGBTQ-Community zu tun haben, da auch homosexuelle Menschen wohl ähnliche Erfahrungen mit Täter:innen machen können, seien sie nun pädophil oder nicht. An keiner Stelle wird der Film dabei ausfallend gegenüber Pädophilen, er stellt sogar mit Gabo einen jugendlichen MAP in den Mittelpunkt. Der Film bleibt ganz ruhig. Er verzichtet (wahrscheinlich bewusst) auf Aufklärung und fokussiert sich darauf, mit Gabo ein Beispiel für einen Pädophilen zu geben, dem nichts ferner liegt, als zum Täter zu werden. Leider kommt dies bei der unaufgeklärten Gesellschaft scheinbar nicht an. Kann man das dem Film zum Vorwurf machen? Nein. Aber eine kleine Aufklärungsszene am Ende hätte meiner Meinung nach nicht geschadet. Die schwerwiegendste Kritik für mich ist am Ende allerdings nicht ausschließlich inhaltlicher Natur. Für mich, der sich jahrelang im Peer Support engagiert hat, fühlt sich die ausschließliche Negativdarstellung eines Kontakts zwischen Pädophilen an wie ein - und ich kann es nicht anders sagen - Schlag ins Gesicht. Hier wäre in meinen Augen ein Gegenbeispiel zwingend notwendig gewesen, um nicht das Stigma gegen seriöse Selbsthilfeprojekte zu verstärken. SuH warnt sogar vor achtlosen Kontakten und hat die PN-Funktion im GSA-Forum deaktiviert. Ansonsten ist der Film sehr gelungen. Auch technisch und musikalisch ist er mir sehr positiv in Erinnerung geblieben. Viele Einstellungen fand ich schier atemberaubend, zwei habe ich schon erwähnt. Hier eine dritte: Gabo wie ein Kind in den Armen seiner Schwester auf der Straße ist ein Anblick, den ich wohl nie vergessen werde. Auch heute noch, ein paar Tage nachdem ich den Film sah, schießt mir dieses Bild manchmal in den Kopf und die Tränen brennen mir in den Augen. Diese ganze Szene war generell extrem intensiv. Ich oute mich jetzt einmal ganz unsachlich: Ich habe geweint. Sehr. Kurz: Bache und Kämpf ist hier ein toller Film gelungen, der aufrüttelt und schockiert, aber auch voller Empathie und Hoffnung steckt. Ganz anders, als die grau schattierten Orgien der Hoffnungslosigkeit à la Kopfplatzen und Konsorten. Ein großer Schritt in die richtige Richtung. Bewertung: 8,5 von 10.