Max nimmt Abschied

Hallo Leute

Hier ist Max mit einer persönlichen Nachricht an euch. Wir haben jetzt den 14.12.2022. Im Januar werden 14 Jahre voll, die ich online zum Thema Pädophilie aktiv bin. Der Aktivismus und die Selbsthilfearbeit sind mir sehr wichtig und sie sind zu zentralen Themen meines Lebens geworden.

In den letzten 3-4 Jahren spüre ich leider zunehmend Spannungen und Frustration bei dieser ehrenamtlichen Arbeit in unserem Team. Einigkeit besteht im Ziel, aber reicht das aus?

Ich denke uns fehlen Struktur und Verlässlichkeit untereinander. Lange Diskussionen brachten keine echte Einigung, klarere Formulierungen kaum Stabilität und die Ansprache von ernsten Bedenken nur selten eine Verhaltensänderung. Der jahrelange vergebliche Versuch, unsere Arbeitsatmosphäre zu kitten frisst mich auf. Nach den Ereignissen von Anfang November habe ich gemerkt: ich habe nicht mehr länger die Kraft dafür. Deshalb nehme ich nun meinen Hut und trete aus unserem Team und aus SuH als Verein aus.

Was bleibt? Ich habe vor, nach einer Erholungsphase weiterhin in Sachen Aufklärung und Selbsthilfe aktiv zu sein. In welchem Ausmaß wird sich dann zeigen.
Was ist vorgefallen? Da der letzte Auslöser leider recht öffentlich im Forum vorgefallen ist denke ich, ein grober Abriss ist an dieser Stelle angebracht:

Das Warum

Ich schreibe hier mal ganz aus meiner Sicht. Als es vom 4.-7.11.2022 um ein Schreiben anlässlich der Herbstkonferenz der Justizminister ging – das im GSA-Forum diskutiert wurde –, fühlte ich mich durch Teamkollegen vor anderen bloßgestellt: Ein Veto-Mechanismus innerhalb des Teams (schriftlich verankert in unserer teaminternen „Moderationsrichtlinie“) und sowohl mein als auch Maschas Einwurf, dass es einer ausführlicheren Besprechung bedürfe, bevor so ein Schreiben „im Namen des Vereins“ abgesendet wird, wurden öffentlich sichtbar übergangen. Die Diskussion, die folgte, zeigte mir auf, wie weit unsere Prioritäten und Sichtweisen teils auseinanderklaffen und wie sehr meine Worte auch missverstanden wurden. Sogar dritte unbeteiligte Personen fühlten sich berufen, mich danach im Forum und teils privat per Messenger zu beschimpfen und zu verurteilen. Das hat nur wenig mit dem Team zu tun, aber zeigt einen Teil des Problems auf.

Dies war das „Sahnehäubchen“ auf einer langen Reihe ähnlicher Vorgänge. Bilder, die andere dazu einwarfen, sind „viele Köche verderben den Brei“ oder „ein Schiff ohne Kapitän“, wo mal einer nach eigenem Gutdünken rechts rudert statt links oder spontan eines der Segel hisst aber niemand das Deck schrubbt.

Ich sehe da schon länger ein Zerfasern des Teams (nach eigenen Bestrebungen und Ansichten) sowie Probleme mit der Absprachefähigkeit. Zum Beispiel spürte ich regelmäßig Widerstand sobald ich an gemeinsam getroffene Vereinbarungen erinnerte. Teile des Teams gingen in die Defensive und teaminterne Absprachen (wie die erwähnte Moderationsrichtlinie) unterlagen persönlicher Interpretation und wurden oft neu diskutiert.

Damit geht es mir nicht gut. Es hat mich sogar verändert: Ich erwarte schon ständig Widerstand, bin dadurch auch ganz schön hart und manchmal unfair geworden. In einem meiner Lieblingslieder heißt es: „Pain is a warning that something‘s wrong.“

Besonders traurig für mich: der ursächliche Fehler lag vermutlich sogar bei NewMan und mir. Uns war das damals nicht bewusst aber bei der Erweiterung unseres Teams ab 2016/17 hätten wir schon eine besser durchdachte Struktur vorlegen, sie deutlicher kommunizieren und auch durchsetzen sollen. Das haben wir in meinen Augen damals versäumt. Es hätte wohl auch die Eröffnung des Forums verzögert.

Soweit meine Sicht und Einschätzung der Lage. Sie ist subjektiv, wie jedermanns persönliche Sichtweise.

Fazit

Manches davon geht unser Team bereits an. Durch dieses letzte „Sahnehäubchen“ und den Streit, den es entzündet hat, komme ich aber zu dem Schluss: es steht zuviel an und ich habe nicht mehr die Kraft, weiterhin verantwortlich an der Lösung mitzuwirken. Ich habe nicht mehr die Zuversicht, dass wir die Probleme lösen werden, bevor ich persönlich weiteren Schaden nehme.

Deshalb nehme ich nun Abschied. Meinen bisherigen Teamkollegen wünsche ich, dass sie trotz dieser aktuellen Untiefen schaffen, Schicksal und Herausforderung auf einem guten Kurs zu führen. Es ist unglaublich, was wir in den 14 Jahren, seit ich NewMan kenne und mich an SuH beteilige, gemeinsam geschafft haben! Hätte Marco sich das träumen lassen, als er anfing die Grundlagen dafür zu legen? Ich werde ihn die Tage mal danach fragen.
Mit großer Traurigkeit aber (leider) auch einem Gefühl der Befreiung trete ich aus unserem Verein und seinen Teams aus.

Macht’s gut Leute!
Euer Max Weber

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(Natürlich ist Max nicht ab sofort ganz „weg“ sondern wir arbeiten in den kommenden Wochen noch eng mit ihm an einer sauberen Übergabe zusammen. Auch danach wird er, wie er schreibt, ja nicht ganz aus der Welt sein)

NewMan: Worte zum Abschied von Max

Zeitenwenden im Rückblick:

Max Weber verlässt SuH/GSA. Damit geht für SuH/GSA "Schicksal und Herausforderung" und „Gemeinsam statt allein“. ein wichtiger Entwicklungsabschnitt zu Ende, der reich ist an Erfolgen, Höhepunkten, ja, an Einzigartigkeiten. Natürlich aber auch an Misserfolgen, manchmal Tränen. Auch an Abschieden, so wie diesem. Um würdigen zu können, was da, eng verbunden auch mit Max Weber geschaffen wurde, lohnt sich ein Blick zurück.

Vor vielen, mittlerweile sehr vielen Jahren googelte ich,"NewMan" zum ersten Mal das Wort „Pettofelli“ oder eine der zahlreichen anderen, möglichen Falschschreibweisen. Auf der Suche nach einer Widerlegung gewisser Befürchtungen bezüglich meines eigenen Fühlens. Der Erfolg war leider eher mäßig…

Eine der wenigen Seiten, auf denen mir NICHT einerseits die Worte „Kinderficker“ und „Kinderschänder“ entgegen sprangen, oder die Worte Eier und Schwanz in Verbindung mit abschneiden, annageln, verbrennen… , oder andererseits eine massive Verharmlosung von sexuellem Kindesmissbrauch, eine dieser wenigen Seiten war das Forum „Verantwortung für Kinder“ , welches dann aber kurz darauf leider verschwand.

Einige Zeit später erschien die Website "www.schicksal-und-herausforderung.de". Betrieben wurde sie von einem Pädophilen namens "Marco" Diese Website bot informative Texte, Erlebnisberichte von Pädophilen, eine Linkliste und- ein Gästebuch. Dieses Gästebuch entwickelte sich zu einer Art Miniforum. Ein par pädophil veranlagte Menschen schrieben hin und her, tauschten Meinungen aus, berieten gelegentlich Hilfesuchende… . Neben Marco und NewMan (mir) waren da vor allem Gabriel und - Max. Marco und Gabriel waren zuvor Moderatoren von „Verantwortung für Kinder“ gewesen. Das Forum wurde leider zerrieben zwischen Pädosexuellen auf der einen Seite und Leuten, die Veranlagung und Verhalten nicht auseinander halten konnten oder wollten auf der anderen Seite.

Beim Erscheinen von SuH war ich in der Therapiephase im PPD und Begann danach die Nachsorgegruppe. Eines Tages stellte sich heraus, dass Max seine Therapie auch hinter sich hatte und in ernsteren psychischen Problemen steckte. Ich empfahl ihm, in die anstehende Nachsorgerunde zu kommen. So lernten wir uns dann auch persönlich kennen.

SuH bekam damals schon Anfragen von Medien und Kunstschaffenden.

Wir vier waren an mindestens einem großen Zeitungsartikel beteiligt. „Der Schatten des Begehrens“. Dieser Artikel bekam sogar einen Medienpreis. Auf das Dankeschön warten wir bis heute.

Des Weiteren erinnere ich mich an ein Kunstprojekt in Bonn, in dem Texte und, von originalen Fotos, abgezeichnete Kindheitsbilder ausgestellt wurden. Die Protagonisten waren sämtlich Angehörige stigmatisierter Minderheiten.

Und es kam zu einem Theaterstück am Deutschen Theater „Der Kapitulation zweiter Teil“ in dem unter anderem ein Text von mir vorgetragen wurde. Der darbietende Künstler war Alexander Khuon. Zu einer dieser Aufführungen trafen wir vier uns in Berlin. Das war echt ein tolles Erlebnis. Aus mehreren Gründen Gänsehaut pur.

Bald darauf verkündete Marco seinen Rückzug aus der Öffentlichkeitsarbeit. Der Grund war einer der bestmöglichen, die man sich denken kann. Er hatte ein traumatisches Verhältnis zu seiner Mutter. Dieses konnte er mit psychotherapeutischer Hilfe aufarbeiten. Mit der Aufarbeitung des Traumas entwickelte dieser rein homopädophile Mann, dessen Pseudonym ihn an seine erste große Liebe erinnerte, mehr und mehr ein sexuelles Interesse für erwachsene Frauen, während sein Interesse an Jungs immer mehr nachließ und sich zu einer Nebenströmung reduzierte! Ein happyend.

Marco hatte vor, die Website zu schließen, da sie sich für ihn überlebt hatte. Wir drei beknieten ihn regelrecht, das nicht zu tun und uns SuH zu übergeben. Bald darauf ergab sich für Gabriel aber die Gelegenheit, in sein Lieblingsland auszuwandern, dessen Kultur er liebte und dessen Sprache er flüssig sprach. Diesen biografischen und sprachlichen Bruch nutzte er, um die Öffentlichkeitsarbeit hinter sich zu lassen und, aus unserer Sicht, „in den Sonnenuntergang zu reiten.“

Dafür konnten wir Anne gewinnen, bei der Betreuung der Website mitzuwirken. Marcos Vertrauen in uns, dass wir kein Schindluder treiben würden war schließlich groß genug und er übergab uns SuH zu treuen Händen und stand als Ex-Marco weiter beratend zur Verfügung. Gemeinsam mit Anne aktualisierten wir etliche Texte von SuH.

Anne war ein Opfer sexualisierter Gewalt und hielt sich längere Zeit bereit, Missbrauchsopfern als Kontakt zu dienen, wenn diese das wünschten. Um die Inhalte der Website kümmerten sich dann im Weiteren vor allem Max und ich. Wir aktualisierten Meldungen, schrieben einige Texte, es hätten noch einige mehr sein sollen. Waren weiter medial aktiv. Beantworten per E-Mail Fragen nach Informationen und Hilfe…

Eine sehr wichtige Lebensversicherung bei alldem wurde Leon, der das Projekt technisch am Laufen hielt. Und uns bei Medienkontakten gut beraten hat. Mit Leon haben wir uns ein par mal getroffen und freuen uns auf mehr… Eine weitere wichtige Lebensversicherung war Herr Welslau, der seinen Klarnamen und Postadresse gab, im Vertrauen auf allzeit korrekte Arbeit unsererseits.

Die Menschen kamen und gingen, zumeist, wenn wir ihnen bei ihrem Problem helfen konnten. In einem Fall gelang es Max zum Beispiel, einen akut suizidalen, jungen Pädophilen auf den Weg zu helfen, dem Leben noch eine Chance zu geben…

Einige Menschen kamen aber auch, um länger zu bleiben.So auch Lisa. Lisa arbeitete mit Missbrauchsopfern und wollte „die andere Seite“ kennenlernen, wozu sie bei uns gute Gelegenheit hatte und ihren „Horizont“ sehr erweiterte. Mit Anne ergab sich leider nie ein reales Treffen, aber mit Lisa blicken wir auf ein par schöne Erlebnisse zurück. Beide haben geheiratet und sind Muttis.

Durch Max Buch „Für ein Kinderlachen“ und die Medienarbeit wurden wir bekannter und es fanden mehr Menschen zu uns, teils um Hilfe zu erfahren, teils um zu helfen. Einigen hat das Projekt auch erst geholfen und nachdem sie sich stabilisiert hatten, begannen sie, selbst Teil des Ganzen zu werden. So kamen immer mehr positive Energien, Schultern, Kenntnisse, Fähigkeiten, Ideen, … zusammen, wodurch das Projekt in seiner Existenz stabilisiert wurde und Dinge möglich wurden, von denen wir lange nur (aber immerhin) zu träumen wagten.

Herausragend zu nennen ist hier zweifellos unser Forum „Gemeinsam statt allein“. mit einem Unterforum für Angehörige und Partner von pädophil empfindenden Menschen und, dass wir mit dem "Schicksal und Herausforderung"“ der einzige aktive eingetragene Pädophilenverein in Deutschland sind.

Mit der klaren Zielsetzung, die absolut legitimen Interessen der Kinder, die legitimen Interessen der Pädophilen und aller anderen Betroffenen sowie die legitimen Interessen der Gesellschaft miteinander in Einklang zu bringen und zu halten.

Was wir NIE gedacht hätten ist, dass SuH bzw. GSA so viele Reallive-Freundschaften und sogar Liebesbeziehungen stiften würde. Wer weiß, wann es die erste SuH/GSA-Hochzeit oder das erste SuH/GSA-Baby gibt…

Wo soviel Licht ist, da sind leider die Schatten nicht weit. Je mehr Menschen zusammen finden, um so mehr verschiedene Charaktere, Arbeitsweisen, Ansichten, Weltsichten,… treffen aufeinander. Auch um so mehr seelische und körperliche Verletzungen, Einschränkungen verschiedenster Art. Alleine schon das Thema, das uns alle verbindet sorgt dafür, dass jeder von uns mit seinem individuellen Rucksack durchs Leben kommen muss, der grösser ist, als man gemeinhin denkt. Ich wüsste kaum einen Menschen, im Zusammenhang mit diesem Projekt, der/die nicht übermäßig belastet gewesen wäre… In diesem Bereich warten definitiv noch etliche Herausforderungen auf uns.

"Max Weber" war wesentlich daran beteiligt, SuH/GSA durch die Mühen der Berge zu bekommen. Nun liegen vor uns die Mühen der Ebenen.

Wir danken Dir für all das, was du in diesen vielen Jahren, in den letzten Jahren auch als Moderator von GSA und erweiterter Vorstand vom Verein SuH e.V. gegeben hast.

Ein Ehrenamt ist ein Amt, das man in Ehren annehmen, und auch wieder in Ehren verlassen kann. Alles Gute Dir. Und viel Erfolg auf deinen neuen Wegen.

NewMan

Markus: Worte zum Abschied von Max

Lieber Max,

ich denke, es ist sehr wichtig im Leben, dass man den Weg einschlägt, der einem auch wieder die nötige Kraft und Energie gibt. Du hast dieses Projekt maßgeblich mit aufgebaut und in all den Projekten und Ideen von dir unglaublich viel Herzblut investiert. Auch hast du in dieser Zeit viele Probleme gemanagt und du hast mit dem Team gemeinsam Höhen und Tiefen, viele Erfolgsmomente, aber genauso auch Niederlagen und Rückschläge erlebt. Trotzdem hast du weitergemacht und nicht aufgegeben, wenn etwas nicht funktionierte und als Administrator der Projekte viel Verantwortung getragen. Vielleicht zu viel.

Wenn man diese Energie irgendwann nicht mehr aufbringen kann, dann ist es an der Zeit, auch mal an sich selbst zu denken. Du hast vielen Menschen mit deiner Arbeit geholfen und Ihnen Kraft gespendet, beratend per Mail und im Forum. Du hast ein Buch geschrieben, Öffentlichkeitsarbeit gemacht und über unsere Thematik aufgeklärt. Jetzt ist es an der Zeit, dir selbst diese Energie zu geben. Ich bin seit über einem Jahr hier im Forum und habe mit dir zusammengearbeitet. Viele wertvolle Ratschläge hast du eingebracht und den Diskurs bereichert. Auch konnte ich von dir viel Lernen und aus den Erfahrungen profitieren.

Jetzt verlässt du uns und ich wünsche dir, dass du deine Energie zurückerlangst und es dir dadurch bessergehen wird. Wenn ich mal einen Ratschlag benötige, dann hoffe ich weiterhin auf dein offenes Ohr und verbleibe,

mit vielen guten Wünschen für dich, für deine Zukunft.

Markus